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Gedanken zum Jahreswechsel 2009/2010

Allgemein

Liebe Leserinnen und Leser,

wie in jedem Jahr überbringe ich Ihnen auf diesem Wege meine ganz persönlichen Weihnachts- und Neujahrswünsche. Wir können auf ein besonders ereignisreiches Jahr zurückblicken, das vielschichtige Veränderungen für uns brachte, die unmittelbar auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger Einfluss nahmen oder noch nehmen werden.

Das politische Leben war u.a. vom „Superwahljahr 2009“ geprägt, das mit der Wahl des Bundespräsidenten, seinen Kommunalwahlen in acht Bundesländern, sechs Landtagswahlen, der Wahl zum Europaparlament und der Bundestagswahl für neue Konstellationen auf allen Ebenen gesorgt hat.

Die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag ist mit ihrem neuen Fraktionsvorsitzenden Markus Rinderspacher, der im Oktober gewählt wurde, gut aufgestellt und hat damit einen adäquaten Nachfolger für Franz Maget gefunden, der die Fraktion über neun Jahre mit Souveränität und Umsicht geführt hatte. Für mich persönlich war es natürlich erfreulich, dass ich im Zuge dieser Wahl in meiner Funktion als stellvertretende Fraktionsvorsitzende bestätigt wurde.

Die SPD auf Bundesebene wird nun aus der Opposition heraus mit ihrem neuen Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier als Fraktionsvorsitzenden weiterhin für eine soziale und gerechte Politik eintreten und kraftvoll gegen das Klima der nun so deutlich heraufziehenden sozialen Kälte im Lande kämpfen. Steuerliche Entlastungen der neuen Bundesregierung, von denen gerade Menschen mit niedrigem Einkommen nicht profitieren, werden auf der anderen Seite durch Beitragserhöhungen, Privatisierung und Kürzungen gegenfinanziert. Außerdem werden diese Steuerausfälle auch zu Mindereinnahmen im Freistaat Bayern in Höhe von 360 Mio Euro und für die bayer. Kommunen von 126 Mio Euro führen, Geld, das wir dringend für bessere Bildung, für Soziales und andere Maßnahmen brauchen könnten!

Dabei denke ich auch an all die Menschen im Lande, die durch die von den Finanzmärkten ausgelöste wirtschaftliche Krise getroffen wurden und ihre Arbeitsplätze verloren haben. Trotz eines von der damaligen Bundesregierung verabschiedeten Konjunkturpakets von 50 Milliarden Euro und einem Fonds von 100 Milliarden Euro war es nicht möglich gewesen, den Untergang von Unternehmen, auch in unserer Region zu verhindern.

Die Krise hat gezeigt, dass die wirtschaftliche und soziale Entwicklung unseres Landes nicht weiter der Sprunghaftigkeit und der Brutalität der Märkte überlassen bleiben darf. Der Staat muss in der Lage und willens sein, dem Markt Schranken zu setzen und ihm einen Rahmen zu geben, innerhalb dessen er seine Wirkungen entfalten kann, ohne den Menschen zum Kosten- und Gewinnsteigerungsfaktor zu erniedrigen. Nicht umsonst heißt es in Artikel 16, Abs. 2 unseres Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. Was bedeutet, dass die Wirtschaft um des Menschen willen da ist, nicht der Mensch um der Wirtschaft willen!

Die Menschen in Bayern sind bestürzt und fassungslos angesichts des Milliardendesasters bei der Landesbank. Mussten Anfang des Jahres deswegen 10 Mrd. Euro Schulden aufgenommen werden, die unseren Landeshaushalt künftig jährlich mit ca. 400 Mio Euro belasten werden, kostet der Verkauf der Hypo Group Alpe Adria dem bayerischen Steuerzahler weitere 825 Millionen Euro. Insgesamt kostet das Balkan-Abenteuer der BayernLB 3,75 Mrd. Euro – ein unvorstellbares Ausmaß politischen Versagens! Mit 3,75 Mrd. Euro könnte man zehn Jahr lang jedem Schüler in Bayern ein warmes Mittagessen finanzieren. Hier verstehe ich zutiefst die Empörung vieler Bürgerinnen und Bürger, dass bis dato die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.

Zwei Ereignisse dieses Jahres haben mich besonders bewegt: Anlässlich der Feierlichkeiten zum Fall der Mauer vor 20 Jahren in Berlin durften wir ein Fest der Freude erleben, bei dem uns durch die Bilder der Vergangenheit zu Bewusstsein kam, welchen Stellenwert die Begriffe Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie für uns haben. Nach 20 Jahren Trennung und Kaltem Krieg konnte, angestoßen durch den Mut der Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler, getragen durch die Bewegung von vielen Menschen, die Teilung Deutschlands und Europas überwunden werden. Freuen wir uns gemeinsam, dass erstmals in unserer Geschichte eine friedliche demokratische Revolution erfolgreich war!

Wir konnten aber auch auf 60 Grundgesetz und 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland zurückblicken und feststellen: 60 Jahre Grundgesetz sind eine Erfolgsgeschichte. Was als Provisorium gedacht war, hat sich über Jahrzehnte bewährt und als die beste Verfassung erwiesen, die Deutschland je hatte. In einem Vortrag bei einem Festakt im Bayerischen Landtag wertete der frühere Vorsitzende des SPD, Hans-Jochen Vogel, das Grundgesetz als einen besonderen Glücksfall unserer Geschichte und mahnte dabei zur „Rückbesinnung auf die Wertordnung des Grundgesetzes und darauf, diese Ordnung immer wieder mit Leben zu erfüllen. Dass jeder und jede von uns sich immer aufs Neue fragt, was kann ich zum Wohl des Gemeinwesens und meiner Mitmenschen beitragen? Nur so kann sich immer wieder aufs Neue auch das Vertrauen bilden, ohne das ein Gemeinwesen nicht bestehen kann. Denn ein Gemeinwesen zerbricht, wenn es der Verlässlichkeit ermangelt und jeder nur noch dem eigenen Egoismus folgt.

Deswegen möchte ich auch heuer wieder die Möglichkeit nutzen, all den vielen Menschen zu danken, die in Vereinen, Verbänden, Organisationen, Selbsthilfegruppen, Schülermitverwaltungen, in politischen Parteien u.v.m. ehrenamtlich oder auch hauptberuflich mitarbeiten und dazu beitragen, unser Gemeinwohl aufrecht zu erhalten, zu bereichern und zu verbessern. Ich begrüße es, dass die langjährige Forderung von Sozialverbänden und auch von mir in Bayern nun erfüllt wurde, und endlich ein "Ehrenamtsnachweis – engagiert im sozialen Bereich“ eingeführt wurde, in dem das im sozialen Ehrenamt erworbene Fachwissen und Fähigkeiten dokumentiert werden sollen.

Ich wünsche Ihnen allen besinnliche Weihnachtstage und einen fröhlichen Start ins neue Jahr, das Ihnen Glück, Gesundheit und Zuversicht bescheren möge!

Ihre SPD-Landtagsabgeordnete
Christa Naaß, MdL